SWR4 Abendgedanken BW

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Vorweihnachtszeit, was gibt es nicht alles zu tun noch vor dem Fest, was ist noch alles zu erledigen, zu machen. Dabei finde ich: Adventszeit sollte vor allem eine Zeit des Lassens sein ...
Was machst du denn grade?", fragt mich der Freund am Telefon.
Eigentlich mache ich grade gar nichts, aber das kann man doch nicht sagen im Land der 'Macher'. Wie käme denn das heraus, wenn ich als eigentlich fleißiger Schwabe einfach antwortete: "Nix tu ich, gar nix, ich hock' hier nur so rum". Also flüchte ich mich in einen Scherz: "Ja, weißt du, ich telefoniere grade ...".
In diesem ständigen "etwas Machen" bin ich gut geübt, "alle" tun es ja, als hinge unser Seelenheil daran. Immer sind wir am "machen", in der Arbeits- und Geschäftswelt sowieso, wir wollen ja Gewinn machen. Was immer ich tue, es muss "Sinn machen" und selbst Liebe "macht" man auf 'Neudeutsch' inzwischen. Im Sport macht eine Mannschaft das Spiel - das Gewinnen ist das Ziel, nicht die Freude am Spiel. Ich mache mich fit, weniger aus Freude am bewegen als um "etwas für meine Gesundheit zu tun". Ich mache und mache, als müsse ich mein Dasein rechtfertigen durch mein Tun.
Selbst im Alter muss der Ruhestand "wohlverdient" sein und gerechtfertigt scheinen nur die zu sein, die sagen können: "Wenn mr noh jeden Tag auf sein kann und sei Sach' noh schaffa ..."!
Nur wer immer was "macht", verdient sich die Anerkennung anderer und wenn diese Wertschätzung erst im Nachruf zum Ausdruck kommt: "Sein Leben war Pflicht und Arbeit ...".
Seit Martin Luther scheint sich darin nicht viel geändert zu haben. Nur vielleicht, dass wir heute uns vor anderen meinen, rechtfertigen zu müssen. Luther hatte noch gefragt: Was muss ich tun, um einen gnädigen Gott zu bekommen? Und hat dann, nach allem "Machen", seine ganz neue Erleichterung beschrieben: Die Freude, allein aus Gnade zu leben. Vor Gott muss ich mich nicht rechtfertigen, dass ich durch mein "Machen" seine Gnade verdiene. Sollte ich da 'unbarmherziger' als Gott sein, mit mir, mit meinen Mitmenschen.
In der Adventszeit feiern wir, dass wir diesen barmherzigen, menschlichen Gott erwarten. Da muss ich nichts 'machen', vor diesem Gott sind wir Mensch - aus Gnade.
Im Advent - nicht nur im Advent, freilich, aber da ganz besonders "erlaubt" - kann ich die ganze 'Macherei' einmal sein lassen und mich auch mal gehen lassen ... auf den entgegenkommenden Gott zu.
Ich darf einmal "unnütz" sein, muss nichts gescheites machen und nichts produzieren und alles, auch mich selbst, dem liebenden Gott überlassen, der da auf uns zukommt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=248
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