SWR3 Gedanken

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Der Deutsche Fußballbund hat ein Problem. Brutale Gewalt im Stadion. Nicht unbedingt auf dem Feld, aber unter den so genannten Fans. Neu ist das zwar nicht, doch das Maß an Brutalität verblüfft selbst Hartgesottene. Dabei ist der Fußball nur ein Beispiel von vielen. Seit Jahren schon berichten Polizisten, Lehrer und Sozialforscher regelmäßig von einer wachsenden Bereitschaft zum Zuschlagen. Von Verrohung ist nun immer öfter die Rede, von Gleichgültigkeit vor den Überzeugungen und der Gesundheit anderer.
Die inzwischen verstorbene Publizistin Marion Dönhoff hat einmal gemeint, Gewalt und Brutalität hätten ihren Ursprung in einer Gesellschaft, die keine Tabus mehr dulde und jede Bindung an Sitte und Tradition über Bord geworfen habe. Wenn Tradition bedeutet, dass eine Generation an die andere weitergibt, was geht und was nicht, wie man lebt und wie nicht, dann gibt es das so in der Tat nicht mehr. Statt dessen herrscht heute eine bunte Vielfalt an Meinungen und Haltungen und alle erscheinen irgendwie egal. Man kann durch sie hindurchzappen wie durchs Fernsehprogramm und jeder kann sich bei Bedarf seine ihm genehme Moral zusammenbasteln. Schon meine Kinder von 7 und 11 sind täglich durch Schule und Fernsehen damit konfrontiert. Kein Wunder, wenn manch einer da die Orientierung verliert und frustriert aufgibt. Aber ohne einen festen Stand, ohne irgendeine Bindung an bestimmte Traditionen geht es eben nicht.
Für mich und viele, die ich kenne, gehört da die Religion dazu. Nicht im Sinne von blinder Gefolgschaft, sondern als ein Jahrtausende alter Maßstab für menschliches Zusammenleben. An ihm kann ich mich reiben und mich auch kritisch mit ihm auseinandersetzen. Aber nur dadurch finde ich letztlich meinen eigenen Stand im Meer der Meinungen.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=190
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