SWR2 Wort zum Sonntag

SWR2 Wort zum Sonntag

26NOV2006
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In der katholischen Kirche ist heute der letzte Sonntag im Jahreskreis. Dieser Sonn-tag ist die Nahtstelle zum Advent, mit dem das neue Kirchenjahr beginnt. In der Sprache der Kirche wird er Christkönigssonntag genannt. Am Ende des Kirchenjah-res und an seinem Anfang steht somit der Blick auf Jesus Christus.
Aber nachgefragt: Christkönig. Das klingt schon sehr altertümlich. In einer Zeit, in der wir vieles über die politische Instrumentalisierung der Religion hören, kommt einem die Vorstellung von Christus als König ziemlich verquer vor. In einer Zeit, in der einen politische oder gar fanatisch-terroristische Engführungen von Glaube und Religion erschrecken, möchte man hinter die Errungenschaften von Säkularisierung und Aufklärung nicht mehr zurück. Und dazu gehört auch die Trennung von Kirche und Staat, von Glauben und Handeln in der Gesellschaft. Ist es da nicht konse-quent, den Glauben als Privatsache in die fromme Kammer zu verbannen? Und Christus höchstens poetisch noch als ‚König des Herzens’ in Andachten zu feiern?
Aber ganz so einfach ist das nicht, denn politisch folgenlos ist der christliche Glaube nicht. Ich will versuchen, das gerade mit dem scheinbar so unzeitgemäß klingenden Christkönigsfest verständlich zu machen.
So wie der irdische Staat durch Symbole und durch Rituale der Macht repräsentiert wird und er uns in Gesetzen und Regeln begegnet, so drückt sich der Respekt und die Ehrerbietung der Gläubigen Christus gegenüber auch im Wort König aus. Aber nicht als ein König, der sich durch politische Macht und äußere Prachtentfaltung auszeichnet, sondern durch Liebe und Barmherzigkeit - und dies vor allem gegen-über Schwachen und Benachteiligten.
Zentrale Mitte des christlichen Glaubens ist, dass Gott in Jesus Christus Mensch ge-worden ist. In Jesus von Nazareth bricht das Königreich Gottes erlösend an, indem er handelt, indem er heilt, indem er zu den Opfern der Geschichte geht; indem er sich auf die Seite der Ausgegrenzten, der Vorverurteilten stellt, indem er die Schwachen stärkt und die Fremden in die Mitte holt.
Christkönig heißt daher: Leben und Handeln von Jesus aus Nazareth werden für Christen der Königsweg, um wirklich menschlich zu leben und für andere Menschen zu handeln. Im anderen Menschen den Nächsten zu erkennen, dem wir zu seiner Königswürde als Mensch verhelfen sollen. Durch sein Vorbild weist der menschen-freundliche Christkönig Wege aus egoistischer Enge zu mitmenschlicher Weite. Sich zu seinem „Reich“, zu seinem Wirkungsbereich bekennen heißt, dass das Schicksal des geringsten Mitmenschen für Christen zur Herausforderung wird. Wahrlich ein hoher, ein königlicher Anspruch.
Und damit wird das heutige Fest zur bleibenden Frage: Ist das so?
Ist Jesus für mich in diesem Sinn König und damit leitender Kompass? Kommt ihm in meiner Lebensgestaltung zentrale Bedeutung zu oder gebe ich oft ganz anderem den Vorrang? Gerade an diesem Sonntag heißt die Frage: Was hat der Glaube an Jesus, den Christkönig, mit mir zu tun? Was bewegt und bewirkt der Glaube im Le-ben?
Jesus von Nazareth ist nach christlichem Glauben der König des Lebens. An ihm nehmen Christen Beispiel und Maß: Bewirten mit königlicher Gastfreundschaft Hungrige und Durstige. Beherbergen Fremde und Obdachlose wie Könige. In der Nachfolge Jesu ist es Christen nicht fremd, mit Königsmut gegen Ungerechtigkeit und Willkür aufzutreten. In seiner Nachfolge können und sollen wir einander wie Könige sein, indem wir Leben ermöglichen. Leben schützen, Leben entfalten – und „herrschen“ nur, indem wir den anderen, den Nächsten, den Fremden lieben. Und so die heilsame Nähe Gottes für einander spürbar machen. https://www.kirche-im-swr.de/?m=147
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