Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Was mich an vielen Christen stört, ist ihre Intoleranz,“ hat mir ein Mann nach einem Vortrag gesagt. Immer haben sie eine feste Meinung zu allem, immer wissen sie, was richtig ist. Mir ist das zu fundamentalistisch.“
Ich war ganz erschrocken und frage mich seither: was ist das eigentlich, was den Mann so nervt? Es kann doch nicht verkehrt sein, dass Menschen ein Fundament haben. Dass sie eine Meinung haben und sagen, was sie für gut und was sie für falsch halten – das kann doch nicht verkehrt sein? Was den Mann nervt, ist wahrscheinlich, wenn einer sagt: ich weiß was man glauben muss. Das steht Wort für Wort in der Bibel und darüber brauchen wir gar nicht reden. Etwas anderes kann es nicht geben und darf es nicht geben.
Ich verstehe, dass das einen nervt, der da Fragen hat und nicht so sicher ist. Oder der ein anderes Fundament hat. Ich verstehe aber auch die, die ganz besonders deutlich und unmissverständlich und für manche vielleicht ein bisschen penetrant von ihrem Glauben reden. Wahrscheinlich haben die Angst, dass der Glauben ganz verloren geht. Deshalb meinen sie, dass sie besonders laut und massiv davon reden müssen. Vielleicht fänden sie das gar nicht nötig, wenn wir ganz normalen Christen wieder mehr davon reden würden?
Und das dürfen wir Christen uns ruhig trauen, finde ich. Es ist nicht intolerant, wenn Christen ihre Meinung sagen. Und wenn sie ihre Meinung begründen, wenn sie sagen, woran sie glauben und was sie deshalb für richtig und wichtig halten – das ist nicht gleich fundamentalistisch.
Ich denke an die Propheten, von denen die Bibel erzählt. Im Namen Gottes haben sie die lebensfeindliche Politik der Mächtigen ihrer Zeit angeprangert. Im Namen Gottes haben sie aufmerksam gemacht auf Ungerechtigkeit und Habgier und Eigensucht in ihrem Land. Ich denke an Jesus, der deutlich gesagt hat, was gut ist und wie Menschen Frieden finden. Jesus, der gezeigt hat, dass Menschen sich verändern können, damit es anders und besser wird. Waren das intolerante Fundamentalisten?
Dass einer seinen Glauben ernst nimmt und richtig findet und andere überzeugen möchte, damit besser wird, was im Argen liegt – das kann nicht falsch sein. Der andere kann ja auch seine Meinung sagen. Dann kommen wir ins Gespräch. Dann können wir zusammen überlegen, was besser ist für die große Politik und wie wir in unserem Alltag besser zurecht kommen. Deshalb ist es gerade wichtig und richtig, meine ich, dass Christen offen und deutlich von dem reden, was sie glauben. Und wer ein Fundament hat – der kann leichter und offener reden.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=139
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