SWR4 Sonntagsgedanken

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02APR2023
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Heute, am Palmsonntag, wird Jesus als der verheißene König gefeiert. Aber: Ein mächtiger König auf einem Esel? Der Sohn eines Handwerkers, der mit ein paar einfachen und ganz alltäglichen Leuten als Wanderprediger unterwegs ist? Was hat das zu bedeuten?

Viel mehr als es auf den ersten Blick scheint. Vor allem, wenn man vergleicht, wie die Mächtigen sich feiern lassen und ihre Macht demonstrieren. Bis in unsere Zeit hinein: Mit goldenen Kutschen und großen Karossen, auf Thronsesseln, an riesigen Tischen oder mit dröhnenden Paraden.

Warum ist das beim König, der im Stall geboren wurde, so anders? Darf ich Sie dazu für einen Moment mit nach Jerusalem nehmen? In die Zeit, als Jesus gelebt hat?  Hin zu Menschen, die so verunsichert waren, wie viele es heutzutage gerade auch sind, die auch Krisen und Katastrophen erleben mussten. Die auch in Umbruchszeiten nach neuer Hoffnung gesucht haben. Ich bin deshalb der Überzeugung, was damals passiert ist, mitten unter diesen Menschen, das hat mit mir und mit Ihnen zu tun, weil Jesus sich mitten in diesem Geschehen als ein ganz anderer König gezeigt hat.

Ein großes Fest steht bevor, als Jesus auf seinem Esel in die heilige Stadt Jerusalem reitet – begleitet von seinen Jüngern. Und es spricht sich sofort herum in der Stadt, dass jetzt etwas geschehen wird. Die Einwohner Jerusalems kommen in Strömen, säumen die Straßen, legen ihre Kleider aus wie einen Teppich und lassen lange Palmäste wie Fahnen im Wind flattern – ein Empfang wie für einen König.

Da hat sich etwas aufgebaut, die Tage davor. Die Jubelnden erwarten Großes von Jesus. Hat er nicht vom Reich Gottes gepredigt? Hat er nicht behauptet, dass es jetzt anbricht, mitten unter ihnen? Hat er nicht blinde, lahme und taube Menschen geheilt und zuletzt sogar den verstorbenen Lazarus wieder lebendig gemacht? Sind das nicht alles deutliche Zeichen Gottes? Ist dieser Mann der Gesalbte Gottes?

Viele in der Stadt wollen das glauben.  Sie breiten Palmwedel auf dem Weg aus, sie jubeln und singen: Hosianna! Gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn. Andere beobachten das vielleicht zurückhaltender und sind skeptisch. Jesus, der Wanderprediger als verheißener König? Und was für eine Art Herrscher will Jesus eigentlich selbst sein? Was bringt er den Menschen wirklich

Wo wäre ich damals gestanden? Und wie stehe ich heute dazu? Vereint mit den Jubelnden oder eher beobachtend am Rande? Vielleicht auch kritisch oder skeptisch, ob das wirklich mit Gott zu tun hat. Ja, wer ist Jesus für mich?

Was hat Jesus denn selbst gesagt und von sich behauptet, und was zeigt er hier bei seiner Ankunft in Jerusalem, als die Menschen ihn zu ihrem König machen wollen?

Zum ersten Mal sucht Jesus den Jubel und entzieht er sich nicht, fällt mir auf. Er bestätigt damit: Ja, Gott hat mich geschickt. Ihr habt Recht, mir zuzujubeln, denn Gott hat mich zu euch geschickt mit ausgestreckter, versöhnender Hand. Gott will etwas Neues einleiten, euch zu Hilfe kommen. Aber anders als ihr denkt. Nicht mit einem mächtigen Heer, wie es damals viele erwartet hatten, in einem Land, das von den Römern besetzt war. Gott schickt keinen Rächer und auch keinen geißelnden Bußprediger. Sein Gesalbter kommt nicht mit Macht und Gewalt, sondern mit Worten, die den Horizont öffnen. Die Menschen locken, füreinander einzustehen, das Leben zu lieben und das Leben jedes einzelnen zu achten. Mit einer inneren Kraft und einem Geist, der das Leben verwandelt. Das tut er bis heute.

Jesus geht seinen Weg, er verhehlt nicht seine Bestimmung. Deshalb lässt er sich an Palmsonntag zujubeln – er weiß aber auch, dass es kurze Zeit später ganz andere Rufe geben wird. Er weiß um das Kreuz, aber er weiß auch, dass Gott den Tod überwinden wird. Dieser Gesalbte Gottes will Jesus sein - reitet langsam auf seinem Esel auf die Stadt zu. Was für ein Zeichen! Es hat sich tief eingeprägt. Der König auf dem Esel.

Hier schließt sich auch ein großer Kreis. Denn in der Bibel, im Alten Testament ist es   lange vor diesem Einzug verheißen: „Du, Tochter Zion, freue dich sehr, und du, Tochter Jerusalem, jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf einem Füllen der Eselin.“

Der König auf dem Esel bleibt den Menschen zugewandt. Was für ein Zeichen, was für eine Botschaft. Gott macht sich klein, räumt jede Grenzziehung nach oben und unten in unseren Gesellschaften weg.

Zu diesem Jesus will ich nicht auf Abstand bleiben. Er behält mich und auch Sie immer im Blick. Ob einem gerade zum Jubeln ist oder eher nicht. Er hilft, dass wir heute mitfeiern können.
Das wünsche ich Ihnen und einen gesegneten Palmsonntag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37408
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