SWR2 Wort zum Tag

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29NOV2022
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Hart aber fair. So heißt die Diskussionssendung im ersten Fernsehprogramm. Fünf oder sechs Personen an einem Tisch diskutieren engagiert ein heißes Thema, das gerade die Öffentlichkeit bewegt. Immer nach der Methode: hart, aber fair!

Der Moderator der Sendung, Frank Plasberg, tritt jetzt nach mehr als zwanzig Jahren ab. In einem Interview hat er gerade Auskunft gegeben - über seine Motivation, seine Ängste, seine Sicht des heutigen Journalismus. Ziemlich offen und sehr ehrlich, wie ich finde.

Auf die Frage, was ihn gereizt habe, Journalist zu werden, sagt er: „Man muss sich das erstmal eingestehen. Aber ich wollte gesehen werden.“ Als Jüngster in der Klasse, keine Kanone im Sport, im Fußball meist nicht aufgestellt, allzu oft also übersehen, war es dieser tiefsitzende Wunsch: „Ich wollte gesehen werden.“

In einem biblischen Psalm heißt es: „Deine Augen sahen mich, da ich noch nicht bereitet war.“ Für mich hat der Gedanke, dass ich von Anfang an von Gott gesehen bin, seiner Wahrnehmung nicht entgehe, etwas Stärkendes.

Was auch eine praktische Seite hat. Dass ich so auch andere Menschen leichter sehen und mich in ihre Lage hineinversetzen kann.   

Vielleicht ist es bei Plasberg ähnlich gewesen. Nachdem er erlebt hat, wie er als bekannter Moderator anerkannt und gesehen worden ist, hat sich auch der Blick auf seine Gesprächspartner verändert.

Zunehmend sei er nicht mehr bereit, meint Plasberg heute, Politiker ranzunehmen bis an die Grenze der Bloßstellung. „Wenn ich sehe“, sagt er, „welche Arbeitsleistung Politiker bringen, wie sie nicht nur im Internet bepöbelt werden, wenn ich sehe, dass manche ohne Personenschutz nicht mal ‚ne Pizza essen gehen können, dann fehlt mir die Unbefangenheit, die Beißzange anzusetzen.“

Ich finde eine solche Einstellung respektabel! Sich nicht nur als tollen Journalisten aufzuführen, der aufdeckt und anprangert. Sondern auch die Ängste und Zwangslagen meines Gegenübers im Auge zu haben. Und ihm oder ihr mit Empathie und Respekt zu begegnen.

Genau das ist der Zusammenhang, auf den es ankommt: wenn ich mich selbst gesehen und geschätzt weiß, dann fällt es mir leichter, auch andere zu sehen. Und vielleicht sogar zu verstehen. Das schließt Kritik nicht aus. Aber eben: hart, aber fair. Dafür danke, Frank Plasberg!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36634
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