SWR3 Gedanken

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18MAI2022
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Von meinem Bürofenster aus sehe ich direkt auf den Eingang des Historischen Museums der Pfalz in Speyer. Tag für Tag beobachte ich Schulklassen und Touristengruppen auf ihrem Weg zu den Schätzen der Vergangenheit. Und wenn ich Zeit habe, reihe ich mich ein. Denn ich mag Museen.

Ich mag es, in längst vergangene Zeiten einzutauchen. Weil sie mir meine Zeit erklären. Es ist, wie es ist, weil es war, wie es war. Und dafür, wie es sein soll, ist das Hören auf die Vergangenheit wertvoll. In Museen. Aber nicht nur dort.

Meine Tante ist 86 Jahre alt. Von Zeit zu Zeit besuche ich sie. Auf ihrer Kommode steht ein Bild. Es zeigt ein Haus. Unser Haus, sagt sie. Und beginnt zu erzählen. Von ihrer Kindheit auf dem Dorf, von Kühen und Hühnern. Wie sie barfuß durch die Wiesen liefen und im Hochsommer im Fluss badeten.

Das Haus ist längst Geschichte. Weltgeschichte. Das Haus liegt in Polen, die Tante wohnt in Mannheim. Das Haus ist auch nur ein Teil der Geschichte. Daneben steht ein Bild vom Bruder, der an der Ostfront gefallen ist. Und die Bilder der Enkel mit ihren Schultüten. Die Kommode meiner Tante ist auch eine Art Museum. Und irgendwie ist auch meine Tante selbst ein Museum. Ein lebendiges. Und ich bin froh, dass sie noch lebt und ihre Geschichten erzählen kann.

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