Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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09MAI2022
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„Ich bin so erschöpft!“ sagt die Freundin schon am Montagmorgen. Und trifft dabei einen Nerv. Denn erschöpfte Frauen gibt es in meinem Freundeskreis einige. Und zwar ganz unabhängig davon wie ihre Lebensumstände sind. Die alleinstehende Künstlerin ist genauso erschöpft wie die berufstätige Mutter mit Großfamilie, die verheiratete Kollegin ohne Kinder genauso wie die alleinerziehende Krankenschwester. Und sie alle fragen sich: „Was habe ich falsch gemacht? Warum bin ich so ausgepowert?“ Die Autorin Franziska Schutzbach meint: Frauen sollten erst einmal aufhören, die Schuld bei sich selbst zu suchen. Denn es ist die Struktur, in der sich das Leben vieler Frauen abspielt, die so kräftezehrend ist. Frauen wird einfach viel aufgebürdet. Nach wie vor sollen sie der Kitt sein, der alles zusammenhält. Zuständig fürs Ambiente: Fürsorglich und liebevoll, engagiert und bescheiden, freundlich und hübsch anzusehen. Und dabei immer in Gefahr etwas falsch zu machen: Ist sie kinderlos gilt sie schnell als egoistisch, hat sie Kinder ist sie entweder die Übermutter oder aber die Rabenmutter. Ist sie durchsetzungsstark ist sie die Zicke und wenn sie sich zurückhält das Mauerblümchen. Männer und Frauen - die ganze Gesellschaft - bürden Frauen diese Erwartungen auf. In diesem setting kann man nur erschöpft werden.

In biblischen Zeiten war das nicht anders. Aber es gibt Spuren: Heilsame Hinweise darauf, dass es anders sein könnte. Für mich immer wieder lesenswert, die Geschichte von den Schwestern Marta und Maria. Jesus besucht sie und während Marta versucht alle zu versorgen sitzt Maria einfach da und hört Jesus zu. In der Geschichte ist es Marta, die sich über Maria beschwert – aber es könnte genauso gut einer der Männer sein, der Marias Verhalten als unangemessen empfindet. Aber Jesus verteidigt Maria. Sie darf aus der Rolle fallen. Darf tun, was Ihr guttut. Und das soll Marta auch machen: Tun was ihr guttut.  

Das tun, was einer selber guttut. Unabhängig von dem, was die anderen erwarten. Jesus war bestimmt kein Feminist im heutigen Sinne. Aber er wollte, dass es den Menschen gut geht. Allen Menschen. Dafür hat er die Strukturen im Kleinen verändert. Wird Zeit, dass sich auch im Großen was tut.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35371
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