Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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07DEZ2021
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„Herr, mein Gott, bei dir suche ich Schutz! Rette mich vor meinen Verfolgern, hilf mir!“ So beginnt der Psalm 7. In diesem Jahr habe ich mir vorgenommen, das Buch der Psalmen als Adventskalender zu benutzen. Das ist praktisch, dachte ich mir, denn die Psalmen, das sind Gebete und Lieder, die durchnummeriert sind. Tür Nummer 7 ist also der Psalm Nummer 7. Ein Liedtext, der jetzt aber gar nicht stimmungsvoll adventlich beginnt.

Jemand betet zu Gott, weil falsche Vorwürfe gegen ihn erhoben werden! „Hilf mir, sonst beißen sie mir die Kehle durch!“

Das kennen viele aus der Firma, aus der Familie, aus der Nachbarschaft – man wird gemobbt, weil irgendjemand ein Gerücht aufbringt. Es ist so schwer, sich dagegen zu wehren:

Sagt man nichts, läuft das Gerücht weiter. Sagt man etwas, bestätigt man, dass das überhaupt ein Thema ist. Beschwert man sich bei der Chefin, heißt es, dass man selbst Gerüchte streut. Redet man mit anderen Kolleginnen und Kollegen bringt man sie vielleicht selbst in eine schwierige Situation…

Es ist vertrackt und leider bleiben die, die Verleumdungen in Umlauf bringen, oft ungeschoren.

Die, die angegriffen werden, fühlen sich ohnmächtig, dürfen die Schwäche aber nicht zeigen. Sie werden missbraucht und in die Opferrolle gedrängt – und wissen zugleich, dass man erst dann wirklich Opfer wird, wenn man wie ein Opfer denkt. Selbst wenn man beten will – wie soll man da beten?

„Gott, bei dir suche ich Schutz!“ – Es klingt fast ein bisschen banal, aber wenn es Gott gibt, dann ist er eine Adresse für alles, was man gegenüber Menschen nicht auszusprechen wagt. Das ist eine echte Hilfe!

Ich habe in Psalm 7 so viel von dem gefunden, was man braucht, um in einer Mobbingsituation zurechtzukommen: „Gott, wenn ich wirklich etwas falsch gemacht habe“ – so kann ich mit Psalm 7 beten, weil es wichtig ist, mich selbst zu prüfen und zu vergewissern, dass nichts dran ist an den Verleumdungen. Und mit Psalm 7 kann ich meinen Zorn in Worte fassen: „Sie sind Verbrecher! Sie sollen selbst in die Grube fallen, die sie gegraben haben! Ihre Bosheit soll sie selber treffen!“

 Schluss mit dem diplomatischen Geschwätz. Vor Gott kann ich ehrlich sein und wüten!

Und mit Psalm 7 kann ich auch wieder Hoffnung fassen – ich hoffe auf einen gerechten Gott, der für einen Ausgleich sorgt. Sie werden nicht davonkommen – und ich bin geborgen. Denn: „Herr, mein Gott, bei dir suche ich Schutz! Rette mich vor meinen Verfolgern, hilf mir!“

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