SWR3 Gedanken

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20JUN2021
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Ich finde Harry Potter super. Besonders die Szene als die Erstklässler in der Zauberschule „Hogwarts“ ankommen. Eine fremde Gegend, eine große Halle und viele unsichere Blicke. Die Neuen haben viel hinter sich und keinen blassen Schimmer, was auf sie zukommt.

Und plötzlich passiert was: Am Ende der Halle steht der hochbetagte Schulleiter auf. Er schwingt lächelnd seinen Zauberstab und ruft: „Haut rein“. Aus dem Nichts erscheinen festlich-gedeckte Tafeln – übervoll mit bestem Essen und Getränken. Alle Anspannung ist wie weggezaubert; jetzt sitzen alle zusammen, essen, trinken und lachen.

Soweit die Szene aus Harry Potter. Sie erinnert mich an eine andere Szene, die stammt aber nicht aus einem Buch, sie ist echt. Ich sehe die vielen Geflüchteten vor mir, die nach furchtbaren Strapazen irgendwo ankommen. In einem Camp zum Beispiel. Da ist alles fremd und unsicher. Da geht es oft einfach ums Überleben.

An so einem Ort zaubert niemand einfach so ein großes Festmahl. Aber wenn ich genau hinschaue, sehe ich trotzdem Menschen, die in all dem Elend irgendwie doch zaubern. Zum Beispiel ein kleines Lächeln aufs Gesicht oder eine kleine Spur von Hoffnung.

Da ist Julia, die auf einem Rettungsschiff durch ihre warme Art den Geretteten ein Gefühl von Heimat und Familie gibt.

Oder Birgit aus der Nähe von Freiburg, die einen internationalen Mittagstisch ins Leben gerufen hat. Oder das Ehepaar Nolli aus Sizilien. Die beiden werden von den Geflüchteten „Mamma“ und „Baba“ genannt, weil sie wie Eltern mit Herz und einem vollen Teller zur Stelle sind.

Solche Menschen sind für die Neuankömmlinge sowas wie Zauberer, weil sie ihnen das Gefühl geben: Bei uns bist du willkommen. Wir kämpfen für dich. Denn auch du hast das Recht zu leben, - unbeschwert und frei!

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