SWR3 Gedanken

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08DEZ2019
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2. Advent. Für nicht wenige Menschen ist der Advent die stressigste Zeit des Jahres. Mir ging es lange auch so, mit all den Dingen, die in der Arbeit fertig gemacht werden mussten, mit den Weihnachtsgeschenken und dann auch noch mit dieser Dunkelheit im Dezember. Irgendwann wollte ich das nicht mehr und hab die Bremse gezogen. Mit dem 1. Advent hab ich begonnen, mich zu entlasten und zu entschleunigen. Das heißt nicht, dass ich viel weniger gemacht habe als normal. Ich hab nur nichts Zusätzliches mehr gemacht und was ich gemacht habe, langsamer. Das  funktioniert und tut mir wie auch meiner Umwelt sehr gut. Das Nichtmehrzuviel und das Alleslangsamer steckt an. Der hat leicht reden, könnte man sagen. Ich hab‘ den Druck des Chefs im Genick oder an mir hängt der Betrieb oder wir sind dermaßen unterbesetzt in der Klinik, in der Altenpflege, da kann ich nicht weniger oder langsam machen. Ja, das ist sicher wahr und sehr belastend. Aber es geht doch nur, was geht! Und oft hilft schon der Gedanke daran, die Bremse zu ziehen, der Wille, den Hebel umzulegen. Von der Schnelligkeit auf ein ruhiges, wohliges Schritt für Schritt, vom Getriebensein auf eine heilsame Langsamkeit, die mich bei mir bleiben lässt. Und damit auch bei dem, was ich tue. Und bestenfalls auch bei dem Menschen, der gerade vor mir steht. Wie in einem Zug der in den Bahnhof einfährt, und in dem die vorher vorbeirauschende Landschaft auf einmal sichtbar wird. Und die, wenn er dann stillsteht, klar und greifbar wird. Advent und Weihnachten sind für mich nur noch so lebbar. Denn wie soll ich mich mit Vollgas einer Wirklichkeit öffnen können, die Ruhe braucht? Wie mich auf die Ankunft des Göttlichen in der Welt vorbereiten, wenn ich nicht bei mir selbst angekommen bin?

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