SWR3 Gedanken

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24AUG2019
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Arztgespräch nach einer Untersuchung. Der Arzt erklärt mir alles und will sich verabschieden. Ein kurzer Blick in die Akte und nebenbei die Frage: „Was machen Sie denn beruflich?“ „Ich bin katholische Theologin und arbeite bei der Rundfunkarbeit. Mache also Verkündigung im Radio.“ Er guckt nicht mehr in seine Akte, sondern schaut mich nachdenklich an. „Darf ich Sie mal was Persönliches fragen?“ „Ja, klar.“ Ich erwarte, dass es wie so oft um Kirchenkritik, Missbrauch oder eines dieser großen Themen geht und wappne mich innerlich. Dann kommt die schlichte Frage: „Sind Sie gläubig?“ Rums. Schublade lieber wieder zu machen, Mann und Frage passen nicht rein.

„Sind Sie gläubig?“ Ich antworte ehrlich: „Ja, bin ich. Sonst könnte ich meinen Job nicht machen. Ich glaube fest an Gott und finde Jesus klasse.“ Das ist meine Antwort - ganz kurz. „Und Sie?“ frage ich. „Hhhmmm, ich weiß nicht. Ich bin ganz katholisch aufgewachsen, Jugendarbeit und so. Das war toll und hat mich sehr geprägt. Dann hab ich mich von der Kirche abgewendet und alles verloren. Und jetzt… suche ich irgendwie.“ Dann muss er weiter. Alles Gute und Tschüss.

Sind Sie gläubig? Gläubig sein heißt für mich, dass Gott in meinem Leben eine Rolle spielt. Ich erlebe ihn als Kraft, die mitträgt. Gerade dann, wenn ich es nicht mehr schaffe. Immer wichtiger wird mir, dass wir Menschen alle als Geschöpfe Gottes gut und geliebt sind. Diese Zusage halte ich mir wirklich oft vor Augen. Das hilft mir vor allem dann, wenn ich mich selbst nicht ertrage und alles doof finde.

Dazu gehört für mich auch der Glaube an Jesus. So wie der alles umgekrempelt und gelebt hat - das ist ein echtes Vorbild für mich. So sehr den Menschen zugewandt. Genau das brauchen wir heute in allen Bereichen.

Das alles hätte ich meinem Arzt gerne gesagt. Aber ich hatte nicht die Zeit und nicht die richtigen Worte. Seine Frage jedenfalls hat ganz schön was bewegt

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