Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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Manchmal möchte ich gerne etwas Verrücktes tun. Mit meinen 60 Jahren im Sandkasten spielen, meinem Chef die Zunge rausstrecken oder irgendetwas anderes, was man als gestandener Mann so nicht tut.

Etwas Verrücktes tun, mich nicht an die Norm halten. Nicht das tun, was die Leute von mir erwarten, einfach mal aus der Rolle fallen. Das wär’ was! Aber da ist meine Angst, meine Angst vor der Reaktion der andern. Die Angst, mich zu blamieren, meinen guten Ruf zu ruinieren. Dabei kann aus-der-Rolle-fallen auch Positives bewirken. Hierfür gibt es in der Bibel ein schönes Beispiel:

Der Zöllner Zachäus ist ein reicher Mann, der von vielen gehasst wird. Denn sein Reichtum beruht darauf, dass er andere Leute über’s Ohr haut. Dieser Mann macht etwas Verrücktes. Weil er ein bisschen klein an Statur ist, steigt er auf einen Baum, um den Wanderprediger Jesus zu sehen. Für einen erwachsenen Mann ein durchaus ungewöhnliches Verhalten. Aber diese kleine Verrücktheit führt dazu, dass Jesus sich bei ihm einlädt, mit ihm isst und trinkt. Und nach dieser Begegnung mit Jesus wird Zachäus so richtig  ver-rückt. Er stellt sein bisheriges Leben auf den Kopf. Er verrückt seine Ziele und Werte. Er beschließt, die zuviel eingetriebenen Gelder zurückzuzahlen und die Leute in Zukunft nicht mehr zu betrügen. Aus einem Mafiosi wird ein ehrlicher Mensch. Einmal für einen kurzen Moment ist er aus der Rolle gefallen, und schon ändert sich sein ganzes Leben.

Ich glaube, auch mir kann es nichts schaden, ab und zu mal aus der Rolle zu fallen, wenigstens ein bisschen verrückt zu sein. Im Grunde genommen ist verrückt sein etwas Positives. Wenn ich ver-rückt werde oder mich selbst ver-rücke, dann nehme ich einen andern Standpunkt ein, verändere mich und habe vielleicht ganz neue Einsichten, so wie Zachäus.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22292
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