Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Ich habe Gottes Hilfe erfahren … und bin sein Zeuge“ (Apg 26, 22) Das hat der Apostel Paulus gesagt, als er wegen seines Glaubens vor Gericht stand. Ich finde das erstaunlich. Sein Leben war nicht immer einfach gewesen. Er hatte erlebt, wie alles zusammengebrochen ist, woran er geglaubt hat. Er hat neue Erfahrungen gemacht und neu nachgedacht. Aus dem Christenverfolger ist der Apostel der Völker geworden. Er hat in vielen Städten und Dörfern von Gott erzählt, der in Jesus Christus sein Gesicht gezeigt hat. Paulus hat damit Menschen überzeugt. In vielen Orten sind christliche Gemeinden entstanden. Aber er ist auch verfolgt worden, eingesperrt, gefoltert und vertrieben.

Und dann steht Paulus  da und sagt: „Gottes Hilfe habe ich erfahren!“ Er redet nicht von der vielen Arbeit, die er investiert hat, nicht von seinen Sorgen, nicht von überstandenen Gefahren. Auch nicht von dem Gerichtsverfahren, in dem er mitten drin steckt.

Mir fällt es oft schwer, von Gottes Hilfe zu reden. Sogar, wenn etwas gelungen und gut gegangen ist. Das ist ja eine Glaubensfrage und andere könnten es bestreiten. „Glück gehabt“ würden sie sagen oder „Schöner Zufall“. Vielleicht auch: „Na, das hast du auch wirklich verdient“, wenn ich hart gearbeitet und Erfolg gehabt habe. Aber Gottes Hilfe? Ist es nicht meine Privatsache, wie ich das sehe?

„Gottes Hilfe habe ich erfahren“ das war für Paulus die Grunderfahrung seines Lebens. So vermittelt er seine Welt-Anschauung. So sieht er die Welt. Andere sehen das vielleicht anders. Aber er, Paulus, gibt so weiter, was sein Leben trägt und ihm Mut macht auch für die Zukunft.

Ich finde, so sollten alle Christen ihre Welt-Anschauung weiter geben. Welt-Anschauung – man könnte auch sagen: was sie glauben. Worauf sie sich verlassen.

Ich meine: Für Gottes Hilfe kann jeder von uns Zeuge sein. Dazu muss man kein Amt haben wie Paulus. Dazu muss man nicht Pfarrerin sein wie ich. Ich bin sicher, jeder Christ und jede Christin könnte da Geschichten erzählen. Nicht nur an schönen Tagen.

Ist das nicht überzeugender, als wenn ich von Gott immer nur in Sätzen rede, die anfangen: „Du sollst…“ oder „Du musst…“ oder „Du darfst nicht“…? Ich denke an meine Kinder und Enkel. Das sollen sie mitnehmen für ihr Leben: Unsere Mutter und Oma hat uns erzählt, wie sie Gottes Hilfe erfahren hat. Vielleicht färbt das dann auch ihre Welt-Anschauung und macht ihre Tage heller und wärmer. Weil ihnen die Augen aufgehen: Was für ein Glück ich doch habe. Gottes Hilfe habe ich erfahren.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22245
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