Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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„Du ungläubiger Thomas!“ Mit diesem Ausdruck werden gerne Skeptiker belegt. Menschen, die sich kritisch zeigen, wo andere ganz begeistert sind. 

Mit dem ungläubigen Thomas ist der Apostel Thomas gemeint. Die Geschichte dazu: Jesus erscheint nach der Auferstehung seinen Jüngern in einem verschlossenen Saal. Alle waren da, nur Thomas nicht. Als die andern ihm später erzählen, dass der Herr bei ihnen gewesen sei, er auferstanden sei, glaubt er ihnen nicht: „Wenn ich nicht … meine Hand in seine Seite legen kann, so glaube ich nicht,“ (Joh 20,25) so Originalton Thomas. Er ist ein Realist, er glaubt nur das, was er sehen und anfassen kann.

Eine Woche später bekommt Thomas was er braucht, die realistische Erfahrung: Die Jünger sind wieder versammelt, diesmal ist Thomas dabei. Jesus erscheint und sagt zu Thomas: „Streck …deine Hand aus und leg sie in meine Seite, sei nicht ungläubig, sondern gläubig.“ (Joh 20,28) Das haut den Thomas natürlich um, gerade weil er ein Realist ist und sich an Tatsachen nicht vorbei mogelt, bekennt er sich zu Jesus mit dem Satz: „Mein Herr und mein Gott.“ Und ist damit der erste der Jesus Gott nennt. In die Geschichte eingegangen ist er aber nicht als der große Gottesbekenner sondern als der Ungläubige, der Zweifler. Verstärkt wird dies noch dadurch, dass Jesus ihm am Ende ihrer Begegnung einen kleinen Rüffel erteilt: „Weil du mich gesehen hast, glaubst Du. Selig sind aber die, die nicht sehen und doch glauben.“ Damit hat er natürlich sein Fett weg der arme Thomas und seinen Beinamen „der Ungläubige“ auch.

Trotzdem ist Thomas ein Heiliger. Ich finde es gut, dass es einen Heiligen mit dem Beinamen „der Ungläubige“ gibt. Macht es mir doch klar, dass es nichts Schlimmes ist, ungläubig zu sein, mit Aussagen des Glaubens nicht klar zu kommen. Auch für Skeptiker ist Platz in Gottes bunter Herde.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21725
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