Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

„Wenn’ s schnell gange soll, muschd’ grad langsam do“. Das war eine prima Lebensweisheit des Vaters meines besten Freundes. Gerade langsam zu tun, wenn es schnell gehen soll. Das ist deshalb so weise, weil Hektik oft zu Fehlern oder zu Schludrigkeiten führt. Und da hat der Vater meines Freundes genau gewusst, wovon er gesprochen hat, denn er war Stukkateur und Gipsermeister. Und da sieht man dann, wenn etwas nicht sauber gemacht ist. Hektik und Zeitdruck führen aber auch zu Stress. Und das führt irgendwann dazu, dass die Arbeit keine Freude mehr macht. Weil man, wenn etwas schnell gehen muss, das, was man tut gar nicht mehr richtig wahrnehmen, richtig spüren kann. Das fehlt so oft in unserem Alltag: dass ich langsam tun kann, verweilen kann und dadurch die Dinge erst richtig wahrnehmen und die Menschen spüren kann. Und damit dieses Verweilen und Wahrnehmen können nicht zu kurz kommt, schicke ich Ihnen heute Morgen einen Engel vorbei. Er ist beschrieben vom Liedermacher Gerhard Schöne und geht so:

Der langsame Engel 

Stoppuhren kann er nicht leiden,
Flugzeuge würde er meiden,
Rennfahrer tun ihm nur leid.
Leuten; die andere scheuchen,
drängeln und hetzen und keuchen,
schenkt er gern seine Zeit.
 

Er nimmt sich Zeit den Schiffen zu winken,
Zeit, mit dem Strohhalm zu trinken,
Zeit für den stotternden Mann.
Er nimmt sich Zeit für Wunder im Garten,
Zeit um genüsslich zu warten auf die verspätete Bahn.

Nichts hasst er so, wie Gedrängel!
Er ist der langsamste Engel.
Trotzdem kann er viel erzählen.
Er, der Beschützer der Schnecken,
möchte die Eiligen necken,
und ihre Uhrn und ihre Uhrn und ihre Uhrn verstelln.

Träumern und Bummlern und Lahmen sagt er sein:
Ja! Und sein: Amen!
Er streichelt den, der verweilt.
Trödelnde Kinder entdecken Schätze an fast allen Ecken.

Nichts findet der, nichts findet der,
nichts findet der, der sich beeilt.


Er nimmt sich Zeit, die Zeit zu verschwenden,
er liebt die lahmen Enten und jeden Schnellzug, der steht.
Er nimmt sich Zeit von der Brücke zu spucken
und lang noch hinterher zu gucken,
wohin die Reise wohl geht. 

Er nimmt sich Zeit für die Wunder im Garten,
Zeit, um genüsslich zu warten auf die verspätete Bahn…

https://www.kirche-im-swr.de/?m=19750
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