Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Ihr seid doch alles „Labertaschen“, früher haben die Rundfunkpfarrer noch was zu sagen gehabt. Das hatte mir eine Hörerin geschrieben. Auch der Rest ihres Briefes war so knackig provokant. Vor allem, weil sie zu recht bemängelt hatte, dass wir mit unseren Sendungen zu selten aktuell sind. Darum habe ich sie eingeladen auf eine Tasse Kaffee in ein mein Büro, damit ich „Tasche“ mal ein wenig mit ihr „labern“ kann. So habe ich es ihr geschrieben und – sie kam. Eine überaus lebendige, kluge und sympathische 70jährige Frau. Zweieinhalb Stunden haben wir miteinander gesprochen. Wie beim Tischtennis gingen die Gesprächsbälle hin und her. Über Gott und die Welt haben wir geredet, über die kirchlichen Sendungen, dass wir natürlich nicht alle Labertaschen sind, aber dass früher schon auch manches besser war. Unser Gespräch ging aber nicht nur in die Breite, sondern auch in die Tiefe. Über den Tod haben wir geredet, über die Trauer, über die Last und die Freuden des Alterns. Unser Gespräch war so gut, dass wir uns jetzt immer mal wieder treffen und so herzlich wie gern miteinander reden. Zwischendurch beschickt mich die frühere Journalistin mit alten und neuen Artikeln, die mich interessieren oder inspirieren könnten. Oder sie schickt mir einen ihrer eigenen Texte. Wie zum Beispiel dieses Gedicht, mit dem ich Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, so sie noch im Bett liegen sollten, in diesen Tag locken möchte. Es ist ein schwäbisches Gedicht, das ich natürlich auch schwäbisch sprechen muss. Also, der Text heißt „Aufstehn ist…“

 

Der Pfarrer, kurz vor siebene
probiert’s mit mir em Gueta,
jetzt stand halt uff, dr Tag wird schee,
‚s sei lohnend, sich zu spueta.

 

Er hot jo recht, der Gottesknecht,
gnug gschlofa isch für heit,
so wälz i mi brav aus meim Nescht
ond mach dem Mo die Freid.

Ond drobe sengt dr Engelchor:
Hurra, ‚s isch ihm gelunga,
des Pfarrers Stimm in Schläfers Ohr-
scho isch des Fleisch bezwunga.

 

Goht’s euch au so, ihr Schläfersleit,
kann der au euch naustreiba?
No freiet euch auf d’Ewigkeit,
denn do kosch liega bleiba.

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https://www.kirche-im-swr.de/?m=17225
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