Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Wie du mir so ich dir". Dieser Satz leuchtet vielen auf den ersten Blick ein: Klar, warum sollte ich freundlich sein zu jemandem der unfreundlich zu mir ist? Warum sollte ich jemanden, der mich schlecht behandelt nicht genauso behandeln?
Wohin das „Wie Du mir so ich Dir" allerdings führen kann, zeigt ein Spielfilm, den ich neulich gesehen habe. Er heißt „Spurwechsel" und beginnt damit dass zwei Männer in New York in einen Autounfall geraten. Den Rest des Filmes bekämpfen sich die beiden und versuchen sich gegenseitig zu schaden. Auf die Aktion des einen folgt die Reaktion des anderen.
Immer wieder gibt es Stellen im Film, da könnte einer der beiden aus diesem Kreislauf aussteigen. Aber dann tut er es doch nicht. Beispielsweise als einer der Männer beschließt, das Bank-Konto des anderen zu löschen. Er geht deshalb zu einem Computerhacker, der so etwas kann. Bevor der Hacker auf die Enter-Taste drückt, bekommt der Mann Gewissensbisse. Er fragt, ob es denn nicht noch eine andere Möglichkeit gibt, auf die Aggressionen seines Gegenspielers zu reagieren. Der Hacker blickt auf, lächelt und sagt: „Natürlich: Seien sie freundlich zu ihm". Der Mann überlegt kurz, dann gibt er das Zeichen zum Löschen.
Ich finde, diese Szene zeigt, wie schwer es vielen Menschen fällt, aus dem „Wie Du mir so ich dir" auszusteigen und: wie leicht es eigentlich wäre. Es müsste sich eben einer dazu überwinden, den ersten Schritt zu tun. Raus aus dem Kreislauf des „Wie du mir so ich dir". Damit man in Frieden leben kann.
„Tut Gutes denen, die euch hassen" (Lukas 6,27 Gute-Nachricht-Übersetzung), das hat Jesus den Menschen, denen er begegnet ist, immer wieder, geraten. Will er also, dass man immer klein beigibt und sich unterordnet. Nein. Ich denke, er wollte damit den Leuten Mut machen, aus dem „Wie Du mir, so ich dir" auszusteigen.
Ich probiere das, so gut ich kann, zum Beispiel auf der Autobahn: Wenn ich einem schnelleren Auto einfach gelassen Platz mache, statt extra langsam zu fahren oder länger als nötig auf der linken Spur zu bleiben, dann fällt mit das erst mal schwer. Aber ich lasse so gar nicht erst zu, dass die Situation sich hoch schaukelt mit Lichthupe, Schimpfen, wilden Gesten und so weiter. Ich kann dann in Frieden weiter fahren, muss mich nicht aufregen und es geht mir besser.
Probieren Sie es doch mal aus. Vielleicht geht es Ihnen genauso.

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