SWR1 Begegnungen

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Initiatorin der „Meile der Religionen" in Mannheim

Die „Mutter" der Meile
Ilka Sobottke ist stolz auf die „Meile der Religionen". Vor 10 Tagen haben sie getafelt, 5-6000 Menschen, bei der 3. Meile seit 2007. Unter freien Himmel in der Mannheimer Innenstadt.Sogar das Wetter hat mitgespielt. Erst als die Leckereien gegessen und viele Gespräche geführt waren, hat es aus Kübeln gegossen. Eine lange Tafel aus fast 100 Tischen unter freiem Himmel zwischen der evangelischen Citykirche und der Synagoge in Mannheim. Sie verband jüdische, muslimische und christliche Menschen aus vielen Gemeinden. Ein friedliches Fest in bestem Geist.

Der jüdische Kantor hat dabei das Brot gesegnet und daraufhin hat sich an den Tischen ein reges Miteinander entfaltet. Dann ging das über Stunden hinweg. Es war für viele - glaube ich - auch eine Erstbegegnung und insofern war es sehr spannend.

Dass Juden Christen und Muslime einander so begegnen ist nicht leicht bei der schwierigen Geschichte, die sie haben. Aber es ist an der Zeit, findet Ilka Sobottke, die evangelische Pfarrerin an der Citykirche Konkordien, eine der „Mütter" der Meile.

Ich glaube, dass Christen Juden und Muslime in Deutschland und weltweit in einem Boot sitzen.

Evangelische, Katholiken, Orthodoxe, christliche Migranten. Verschiedene Muslime. Die jüdische Gemeinde mit Zuwachs aus Russland: Bei uns ist die religiöse Vielfalt ganz schön groß. Wie leben wir mit anderen? Nebeneinander? Jeder gegen jeden als Konkurrenten um die Wahrheit? Ilka Sobottke möchte, dass man die Vielfalt sieht und das Miteinander. Wie bei der „Meile der Religionen".

Was wir am besten können, sind Feste organisieren. Das sind auch die Leute, die es dann hinterher tragen, im eigentlichen Sinne. Das sind die Leute, die auch erzählen können von der Arbeit in den Gemeinden und die dann auch im Gespräch sind mit den anderen.fotos > Meile der Religionen.jpg

5-6000 Menschen sind sich da begegnet. Schön war es. Ilka Sobottke macht energisch klar, wie die Religionen grundsätzlich zu einander stehen.

Wir Menschen kommen aus Gott und wir gehen zu Gott. Das ist Ziel. Und Gott verstehen wir auf unterschiedliche Weisen. Wir sind manchmal gemeinsam und manchmal nebeneinander auf unterschiedlichen Wegen auf dieser Suche.

Ich sehe ich das auch so, habe aber wenig Kontakt zu Muslimen oder Juden. Oft ist das interreligiöse Gespräch Sache von Experten. Anders ist besser.

Das ist natürlich bei der Meile der Religionen auch so, dass auf einmal nicht mehr nur die Leute miteinander reden, die Pfarrer und Pfarrerinnen und Rabbiner und Wichtigen, sondern dass tatsächlich die Gläubigen aus den Gemeinden einander begegnen.

Ilka Sobottke wirbt, dass Religionen miteinander gehen, weil sie als „Lebensmodell" auf dem Prüfstand stehen.

Ich glaube tatsächlich, dass die Anfragen an die Religionen so stark werden, dass wir nur gemeinsam deutlich machen können, was der Sinn von Religion ist. Nämlich; sich von der Bezogenheit immer nur auf sich selbst hin zu entwickeln zu einer Bezogenheit auf die anderen und eigentlich auf den Grund des Seins.

Beziehung machen das Leben, zu Menschen und Gott. Da sind sich die Religionen einig. Aber wie leben, wenn jede Bombe, die hochgeht, den muslimischen Nachbarn Misstrauen einbringt? Und auch Juden und wir Christen gelten oft mehr als Streithähne als Friedensstifter. Dagegen haben sie das Forum der Religionen gegründet.

Dann gab es einen großen Krach und dann haben wir gesagt: ‚Wir müssen uns einfach regelmäßig treffen, sodass wir die Chance haben, immer wenn etwas Schwieriges auf den Tisch kommt, wirklich direkt miteinander zu reden und nicht wieder in diese Mechanismen zu kippen, dass man übereinander redet.

Aber es gibt noch Hindernisse: Antisemitismus bei manchen Muslimen. Und Christen können religiös „überheblich" sein.

Es ist tatsächlich noch so, dass immer noch ganz viele Leute nicht davon ausgehen, dass es eine Berechtigung hat, dass Muslime Muhammed für einen Offenbarungsträger halten.

Dabei ist unser Glaube tolerant: Man kann froh sein, dass man glauben kann. Dass ich es kann, ist von Gott geschenkt. Da kann ich doch dem anderen den Glauben, der ihm geschenkt ist, nicht runter machen. Wo sie doch oft ähnlich sind.

‚Gott ist in dieser Zuwendung zur Welt - auch im Menschen-  erfahrbar.' Das können Muslime auch. Dann stellen wir fest, dass wir sehr sehr nah sind mit vielen Dingen, um dann auch wieder zu sehen, wie unterschiedlich sich das formuliert.

Interreligiöse Begegnung im Geist Jesu
Diese Frau hat Feuer, Spirit. Ilka Sobottke verkörpert für mich, was Christen an Pfingsten feiern. Dass man begeistert sein kann, aus Glauben. Ihre Mission: Juden Christen und Muslime sollen sich nicht nur tolerieren, sondern Wert schätzen: Wie eine große Ökumene.

Der Auftrag ist, dass wir erzählen von dem Gott, von dem wir die Kraft und das Vertrauen bekommen, dass wir die Welt gestalten können und dass die Religionen für den Frieden in der Welt einstehen.

Dazu muss man friedensfähig sein. Nicht denken: „Ich habe die Wahrheit, der andere nicht." Ilka Sobottke wünscht, dass wir uns gemeinsam als Gott-Suchende verstehen.

Keiner kann von uns von oben auf Gott gucken, und das führt dazu, zu erkennen, dass es Gott bestimmt möglich ist, dass er in verschiedenen Religionen Heilswege eröffnet. Dann höre ich auf damit, zu sagen, das konkurriert, sondern ich weiß, dass Menschen sich auf unterschiedliche Weisen auf den Weg zu Gott machen.

Ein ‚wahres' Vorbild ist Jesus. In der Bibel wird erzählt: Am Anfang hat er sich nur Juden zugewandt. Bis eine Ausländerin ihn verändern und er seine Grenze überschreiten konnte.

Das ist schon was, dass wir uns verlassen auf jemanden, der selber etwas lernen kann und der den Blick weitet. Das ist es, was der interreligiöse Diskurs immer und immer wieder uns aufgibt.

Das Ziel ist keine „Einheitsreligion". Vielfalt bereichert. Aber einen Traum für Mannheim hat sie.

Die Tatsache, dass das sich so einbürgert in dieser Stadt, das ist schon was, was ganz schön viel ist. Für mich eine von den ganz wichtigen Fragen: Wenn wir davor keine Angst mehr haben, dass wir das Läuten der Glocken und den Ruf des Muezzin gemeinsam hören.

Möchte ich das? Muezzin neben Glocken. - Und areligiöse Menschen - mögen sie so viel Religion tolerieren? Gut fände ich es. Fast ein Wunder. Aber das verspricht ja Pfingsten: ‚Es wird möglich, was man sich nicht vorstellen konnte, weil Gottes Geist Menschen bewegt.'

Ich weiß, der andere nebenan lebt mit einer anderen Wahrheit und gemeinsam wissen wir doch, dass wir ein Ziel haben, nämlich das Leben aus einem Gott, der der Welt Frieden schenken will und sich in Liebe ihr zugewendet hat. Das ist dann, denke ich, eine andere Erfahrung, die man mit Religion macht.

Ilka Sobottke hofft, dass ein neues Miteinander der Religionen auch deren Image bessert. Sie tun dem Gemeinwesen ja gut: Sind da für Arme, fördern Integration und geben Lebenssinn gegen Entwurzelung.

Und wenn Sie und ich das friedliche Potential unserer Religionen auch leben wollen? Zwei Ratschläge hat sie: Interesse am Leben der anderen haben und den „spirit", Religion offen zu leben.

‚Nun seid ihr hier, und es macht Sinn, dass man Euch wahrnimmt und sieht in der Öffentlichkeit."

Man muss nicht immer gleich theologisch wichtige Gespräche führen, man kann sich gegenseitig erzählen lassen: Was bedeutet für Euch Trauung, was macht ihr, wenn ein Kind geboren wird und sich gegenseitig einzuladen, immer wieder miteinander essen, ist, glaube ich , sowieso das Wichtigste.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=15305
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