SWR4 Abendgedanken RP

SWR4 Abendgedanken RP

Ich habe einen guten Freund. Mit ihm kann ich über alles reden. Wir kennen uns seit unserer gemeinsamen Schulzeit. Später haben wir beide Theologie studiert. Ich evangelische, er katholische Theologie. Wenn wir uns hin und wieder treffen, dann klönen wir miteinander, sprechen über dies und das, aber auch über handfeste Themen. Über unsere Sorgen, unsere Ängste, die wir haben, auch über unsere Sehnsüchte und Hoffnungen. Wir sind füreinander so etwas wie geistliche Begleiter. Dass er katholischer Priester ist und ich evangelischer Pfarrer bin, spielt da keine Rolle. Es reicht, dass ich weiß: er ist da und er versteht mich. Er hört mir zu. Bei ihm kann ich mich aussprechen, ohne Angst zu haben, das Gesicht zu verlieren. Ich weiß: Er geht vertrauensvoll mit dem um, was ich ihm sage. Und umgekehrt genauso. Es tut einfach gut, sich einmal alles vom Herzen und von der Seele zu reden.
Heute ist Buß- und Bettag. Dieser Tag erinnert daran, dass wir alle Schwächen haben. Und: dass wir unsere Schwächen nicht verstecken müssen. Ehrlich sein mit sich selbst und mit anderen - darum geht es am Buß- und Bettag. Heute können wir das ein bisschen einüben. Damit es im Rest des Jahres besser geht. Ehrlich sein, das beginnt damit, dass ich mich öffne - vor mir selbst, vor anderen und vor Gott. Wer ein bisschen Mut hat und es zulässt, wird erleben, wie befreiend das ist. Wie gut es tut.
Es ist wie mit meinem Freund. Mit ihm rede ich nicht lange um den heißen Brei, sondern sage, was mich bewegt und was Sache ist. Und er hört zu. Er kann das. So bekomme ich Klarheit über mich und mein Leben. Werde wie neu und kann wieder neu anfangen. Und wenn wir dann auseinandergehen, dann freuen wir uns schon auf unser nächstes Treffen. Weil wir spüren, wie wichtig es ist, ab und zu innezuhalten, um unser Leben zu überdenken und uns als Menschen auch vor Gott zu prüfen. Für mich hat Buße mit der inneren Bereitschaft zur Veränderung und Umkehr zu tun. Ich mag Veränderungen. Und ich mag es, von Zeit zu Zeit umzukehren. Weil ich einen habe, der mich dabei begleitet. Einen, den mir der Himmel - Gott - geschickt hat. Und wie ist das bei Ihnen?

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