SWR4 Abendgedanken BW

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Kaum etwas ist ergreifender als das Ja-Wort in der Kirche. Der Moment, in dem sich die Brautleute gegenseitig den Ring anstecken: „Vor Gottes Angesicht ... verspreche ich dir die Treue in guten und in bösen Tagen ... Trag diesen Ring als Zeichen meiner Liebe und Treue." Was aber, wenn dieser Ring verloren geht? Freunden von mir ist genau das passiert. Sie haben erst vor wenigen Wochen geheiratet. Dann, im Urlaub, ist das Unglück geschehen. Der Bräutigam hat seinen Ring verloren. Das Symbol der Liebe - einfach dahin. Das Zeichen der Treue in guten und in bösen Tagen - einfach weg. Ein schlechtes Omen für die Ehe? Eigentlich absurd. Der Ring ist doch im Grunde NUR ein Zeichen. Ein Symbol, das auf etwas hinweist. Das Wesentliche ist doch die Liebe zwischen den Partnern! Für gläubige Menschen spiegelt sich darin die Liebe Gottes zu seinen Geschöpfen. Und von der Liebe Gottes kann uns NICHTS trennen, das jedenfalls steht in der Bibel. Die Theorie ist das eine. Die Gefühle sind das andere. Die meisten Menschen brauchen nun mal Zeichen und Symbole wie den Ring. Sie können mir Sicherheit geben. Wenn ich meinen Ring anschaue, dann weiß ich: Da ist eine, die mich liebt, die zu mir steht, egal, was kommt; eine, die mich so annimmt wie ich bin und wie Gott mich geschaffen hat. Der verlorene Ehering. Für meine Freunde die erste Gelegenheit, gleich mal ernst zu machen mit ihrem Eheversprechen, gerade in den schlechteren Zeiten zueinanderzustehen. Sie war nämlich ganz schön sauer auf ihn und er hat sich große Vorwürfe gemacht. In dieser Situation kann es helfen, sich noch einmal bewusst vor Augen zu führen, worauf der Ring eigentlich hinweist: die Liebe, die die beiden verbindet. Vielleicht erinnern sich die zwei auch an ihren Trauspruch. Der heißt: „Nehmt einander an wie Christus euch angenommen hat" - und ich will ergänzen: einschließlich der Schusseligkeit mal des einen, mal des anderen. Der verlorene Ehering hat aber auch mir etwas klar gemacht: Äußere Zeichen und Symbole sind wichtig. In der Partnerschaft und auch sonst. Ich lebe eben nicht nur vom Kopf her. Ich fühle und erlebe die Welt mit allen Sinnen.
Wenn ich dabei meinen eigenen Ehering so anschaue: Vielleicht wäre es mal wieder an der Zeit, meiner Frau eine kleine Freude zu machen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=11593
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