SWR3 Gedanken

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Beim Thema Beichte gibt es immer zwei große Missverständnisse. Das erste Missverständnis ist: bei den Evangelischen gäbe es keine Beichte, Wahr ist, dass Auch evangelische Pfarrer das Beichtgeheimnis wahren und auch evangelische Christen beichten können. Beim Pfarrer, aber auch bei jedem anderen Christen.
Das zweite Missverständnis: Wer eine Straftat begeht – z.B. etwas stiehlt, der muss nur zehn Vaterunser beten und schon sei die Sache geritzt- für den Pfarrer und für Gott und überhaupt. als ob Gott mit seiner unendlichen Liebe alles zudecken würde.
So einfach ist das natürlich nicht. Als Kind bin ich einmal auf ein Garagendach herumgeklettert. Der Besitzer – ein alter, schwerer Mann - hat mich und meinen Freund gesehen, kam aus seinem Haus und schrie, wir sollten sofort von der Garage runter. Das haben wir auch gemacht, wie ein geölter Blitz, auf und davon.
Dummerweise hatte ich mein Fahrrad auf der Flucht vergessen und das kassierte jetzt also der alte Mann ein. In meiner Verzweiflung – und weil ich mein Fahrrad zurück haben wollte, beichtete ich meinem Vater was passiert war. Das war gar nicht so einfach. Und ich tat es nur, weil ich hoffte, er würde das für mich ausbügeln.
Aber meine Hoffnung zerschlug sich. Er nahm die Sache nicht in die Hand, sondern er schicke mich selbst zu dem alten Mann: Du entschuldigst dich und fragst, ob Du dein Fahrrad wiederbekommen kannst. Das will ich dir nicht abnehmen und das muss ich auch nicht – die Verantwortung kannst du selbst tragen.
Mein Fahrrad hab ich wiederbekommen und eine gehörige Standpauke oben drauf. Meine Beichte war alles andere als angenehm. Aber ich habe die Verantwortung tatsächlich tragen können. Der alte Mann hat mir den Kopf nicht abgerissen.
Beichten ist etwas anderes, als bei jemandem seine Schuld einfach abzuladen. Und zehn Vaterunser nehmen einem nichts ab, sondern es hilft die Last zu tragen und ins Reine zu kommen, mit sich, mit seinen Mitmenschen und mit Gott.
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