SWR4 Abendgedanken BW

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Die Nachricht verbreitet sich blitzschnell in der ganzen Gegend: Engel haben einen Supermarkt eröffnet. Alle möglichen Bedürfnisse werden dort befriedigt. Nicht nur Sekt und Kaviar. In ein paar Tagen könne jeder seinen Wunschzettel einlösen. Die Leute machen sich ans Werk und schreiben ihre Wünsche nieder. Eine bessere Welt wollen alle, mehr Frieden, freundlichere Mitmenschen. Manche wollen eine gerechtere Verteilung der Güter dieser Welt. Eltern erwarten folgsamere Kinder, Jugendliche mehr Verständnis bei den Erwachsenen. Dreimal unterstrichen steht überall der Wunsch nach mehr Menschlichkeit. Vollbepackt mit guten Wünschen stürmen sie den Supermarkt. Das Bild gleicht einem Sommer- oder Winter-Schluß-Verkauf. Die Überraschung der Leute ist groß. Die Engel nehmen alle Wunschzettel freundlich entgegen: „Das alles könnt ihr haben – aber wir verkaufen nicht die Früchte, nur die Samen!“ (Quelle nicht bekannt – eigene Nacherzählung) Ein Supermarkt der besonderen Art. Da gibt es keine abgepackten und eingeschweißten Waren. Da ist nichts fertig, sondern erst am Anfang. Samen eben und keine Früchte. Wäre auch nicht der Supermarkt der Engel. Ich finde den Gedanken spannend: Samen. Da ist bereits alles drin, alles angelegt. Wenn ich weiß, um was für Samen es sich handelt, kann ich ahnen, welche Entfaltungsmöglichkeiten, welche Ausstrahlung und Schönheit in ihnen stecken. Ein schönes Bild für unser Menschsein. Wie viele Anlagen sind in mir verborgen, die noch nicht geweckt sind? Seiten im Buch meines Lebens, die noch nicht aufgeschlagen sind? Fähigkeiten, die bisher unentdeckt geblieben sind? Gut wenn es dann Menschen gibt, Freundinnen und Freunde, Partner und Wegbegleiter, die einander helfen und bestärken, dass das Gute und Schöne, das in einem steckt – geweckt wird, zum Blühen kommt und reiche Früchte trägt.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=173
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