SWR4 Abendgedanken BW

SWR4 Abendgedanken BW

Guten Abend, liebe Hörerinnen und Hörer!
„Entdeck den roten Faden deines Lebens – Gottes Ruf auf der Spur“. So hießt das Leitwort für das „Jahr der Berufung“ in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Wie ein roter Faden zieht sich der christliche Glaube durch mein Leben, - eingebunden in eine Glaubensgemeinschaft, die sich katholisch, d. h. weltweit, universal oder international nennt. Erst in den letzten Monaten ist mir diese Seite der Kirche wieder bewusst geworden:
Als vor eineinhalb Jahren die Welt wie gebannt nach Rom blickte, wo ein alt- und krankgewordener Papst Johannes Paul II. im Sterben lag und die Welt Abschied von ihm nahm ...
Als in Ruhe und Würde die Wahl des Nachfolgers erfolgte ... Als Jugendliche aus aller Welt mit Freude und Zuneigung dem neuen Papst Benedikt XVI. in Köln begegneten ... Das waren Ereignisse, die meinem Glauben gut taten. Ich freue mich, aus dem Mund des strengen Glaubenswächters, der Josef Ratzinger von Berufs wegen früher sein musste, heute die Botschaft zu hören: „Gott ist die Liebe“ – nicht Moral und Gesetz, nicht Dogma und Pflicht, nein – „Gott ist die Liebe“.

Die Lebensgemeinschaft meiner Kirche prägt und trägt mich mehr als 50 Jahre. Da steht ganz am Anfang die hagere Gestalt von Papst Pius XII. mit unbeweglichen Gesichtszügen. Als Kind fragte ich mich, ob dieser Mensch überhaupt essen und trinken müsse ...
Dann kam Johannes der XXIII. – ein alter Mann, der im Nu die Herzen eroberte. Die Fenster der alten Kirche wollte er öffnen, damit frische Luft hineinströmen kann. Paul VI. hat nach ihm die ganze Last der Erneuerung getragen. Das „Aggiornamento“, das Heutigwerden der Kirche, hat diesen Mann auf dem Stuhl Petri viel Kraft gekostet. Lange hat es dann gedauert, bis ich Johannes Paul II. verstanden habe. Seine Reisen in alle Länder der Erde, ja mehrmals um den ganzen Globus herum, waren oft Gegenstand meiner Kritik. Heute begreife ich, was er damit bewirken wollte: Die Kirche ist nicht für sich da. Sie muss der Welt dienen, dem Frieden, der Gerechtigkeit, den Menschenrechten für alle.

Ein Glied dieser Kirche bin ich. Sie ist der rote Faden in meinem Leben. Als Glied dieser Kirche bin ich unterwegs und will helfen, Steine und Hindernisse aus dem Weg räumen, damit Jesu Traum von einer Menschheit ohne Unterdrückung und ohne Knechtschaft auch heute geträumt werden kann.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=171
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